Penisverkrümmung
Penisverkrümmung (Induratio penis plastica)
Die Induratio penis plastica (syn. Peyronie-Krankheit) ist eine gutartige Erkrankung, die zu einer deutlichen Verkrümmung und Verkürzung des erigierten Penis führt. Dieser Prozess, hervorgerufen durch Narbenbildung in der fibrösen Abdeckung oder Tunica albuginea der Schwellkörper im Penis, tritt meist bei Männern in den späten Vierzigern und frühen Fünfzigern auf und kommt am häufi gsten bei Weißen vor. Oft spüren die Betroffenen einen Knoten oder einen Bereich der Narben- oder Plaquebildung
am Penisschaft. Die Symptomatik kann nach einer Verletzung des Penis während des Geschlechtsverkehrs oder nach einem Trauma anderer Art einsetzen.
Viele Männer bemerken eine Phase der Schmerzempfindlichkeit im oberen Teil des Penisschaftes, die meist während der Erektion auftritt und durch Geschlechtsverkehr verschlimmert wird. Mitte des 18. Jahrhunderts nach dem Franzosen François de la Peyronie benannt, ist diese Erkrankung seit langem bekannt, wobei die Prävalenz in den vergangenen Jahren zuzunehmen scheint. Studien aus dem Olmstead County (Minnesota, USA) sprechen dafür, dass 3 % der erwachsenen männlichen Bevölkerung im Alter über 40 Jahre auf eine Induratio penis plastica zurückgehendes Narbengewebe im Penis haben.88 Aber nur bei etwa der Hälfte dieser Männer sind Narbenbildung, Deviation des Penis, erektile Dysfunktion oder Penisverkürzung hinreichend ausgeprägt, um eine operative Rekonstruktion zu rechtfertigen.
Penisverkrümmung Ursache
Die Ursache der Induratio penis plastica bleibt ein Geheimnis, auch wenn zahlreiche Forschende den Verdacht hegen, dass wiederholte Verletzungen bei Männern, die zu vermehrter Produktion von Narbengewebe neigen, vielfach die mit der Peyronie-Krankheit einhergehenden Veränderungen hervorrufen. Bei jungen Männern und bei Männern mit normalem Heilungsprozess dehnt sich die elastische Hülle der Schwellkörper bei einer Beugung des erigierten Penis, schnellt zurück, und Verletzungen heilen ohne Narbenbildung. Bei entsprechend anfälligen Männern führen diese wiederholten kleinen Traumata zu Verletzungen oder Narben. Diese Verletzungen bewirken eine kleine Ansammlung von Blut oder Serum zwischen den Schichten der Tunica albuginea, durch die eine kaskadenartige Abfolge von Ereignissen in Gang kommt, welche wiederum zur Produktion von Kollagen geringerer Elastizität führt. Diese Bereiche heilen unter Bildung von Narbengewebe, das als Knoten oder Plaque auf dem Penisschaft tastbar wird.
Manche Männer haben ähnliche mikrotraumatisch bedingte Veränderungen auch in der Hohlhand, die dann als Dupuytren-Kontrakuren bezeichnet werden. Die Folge dieser Traumatisierungen und der Narbenbildung ist eine Behinderung des Penis in Höhe der Narbe, welche zu einer Deviation führt, die von leicht bis stark und penetrationsverhindernd reichen kann. Die Patienten können auch Einengungen des Penis haben, die als «Sanduhr-Deformität » bezeichnet werden, und klagen über verminderte axiale Rigidität in diesem Bereich.
Unter Umständen leiden sie auch an einer Abnahme der Penislänge sowie an Erektionsstörungen mit kompletter erektiler Dysfunktion oder an einer verkürzten Dauer der Erektion. Letztere wird verursacht durch eine erektile Dysfunktion mit venookklusiver Insuffi zienz oder venösem Shunt. Die Induratio penis plastica ist zwar sehr störend, hat jedoch in keiner Weise etwas mit sexuell übertragbaren Krankheiten, Sexualpraktiken, der Stellung beim Koitus oder einem Tumor des Penis bzw. anderer Organe zu tun. Zahlreiche Studien zu immunologischen und genetischen Zusammenhängen haben keine schlüssigen Ergebnisse erbracht.
Zu den Risikofaktoren, welche die Möglichkeit eines Auftretens der Induratio penis plastica verstärken können, gehören:
- die Paget-Krankheit der Knochen
- Diabetes
- rheumatoide Arthritis
- der Einsatz einer Vakuum-Erektionshilfe
- Injektionen in den Penis
- urologische Eingriffe und
- das Legen eines Katheters.
Es bestehen familiäre Zusammenhänge, und bei eineiigen Zwillingen wurde über Induratio penis plastica berichtet.
Die Peyronie-Krankheit ist oft selbstlimitierend und verläuft über 12 bis 18 Monate. Während dieser Zeit vergeht der Schmerz gewöhnlich spontan innerhalb von 4 bis 6 Monaten, die Deviation ist u. U. nur mäßig ausgeprägt, und der Plaque nimmt ab oder wird weicher (Abb. 20). Dieser normale Verlauf einer Induratio penis plastica endet gewöhnlich in einer stabilen, nicht weiter fortschreitenden, ggf. therapiebedürftigen Verkrümmung des Penis.
Konservative Therapie
Zwar wurde bei dieser Erkrankung vor 25 Jahren empirisch therapeutischer Ultraschall eingesetzt, jedoch haben diese oft zur Physiotherapie eingesetzten Geräte weder hinsichtlich einer Besserung des Plaques noch beim Beheben der Deviation, der Schmerzen oder der Einengung des Penis eine Wirkung gezeigt. Ähnlich wurde auch die niedrig dosierte externe Bestrahlung wieder verlassen, da sie nur die Penisschmerzen behandelt und zur Schwellkörperfibrose führen kann. Heutzutage beginnt die Therapie medikamentös in dem Bestreben, die Wundheilung zu verbessern und das mit der Plaquebildung einhergehende Narbengewebe zu erweichen.
Diese Medikationen können Vitamin E und Kalium-para-Aminobenzoat (Potaba) umfassen. Auch Vitamin E in Kombination mit Colchicin, einem Medikament gegen Gicht, hat sich in einigen klinischen Studien als wirksam erwiesen. Substanzen wie Tamoxifen und Kortikosteroide wurden angewandt, ohne jedoch einen eindeutigen klinischen Nutzen zu zeigen. Bei direkter Injektion von Medikamenten in den Peyronie- Plaque konnte dieser erfolgreich behandelt werden, und es kam zur Erweichung, Verminderung der Deviation und Abnahme der Schmerzen. Studien mit Kollagenase blieben erfolglos, während Verapamil weithin mit mäßigem Erfolg eingesetzt wurde. Auch Alpha-Interferon wurde einigem Erfolg versucht.
Bei diesen Injektionsverfahren sind über einen Zeitraum von 12 Wochen 6 bis 12 Injektionen unmittelbar in den Peyronie- Plaque erforderlich. Zwar ist die Injektionstherapie bei mäßigen bis leichten Deviationen erfolgreich, ein Behandlungserfolg bei schweren Verkrümmungen, kalzifi zierten Plaques oder Patienten mit erektiler Dysfunktion ist jedoch unwahrscheinlich. Auch Studien mit topisch verabreichtem Verapamil waren erfolglos, da es nur zu einem vernachlässigbar geringen Eindringen des Medikaments in den Plaque kam.
Heilungsphase
Während der Heilungsphase und in der Zeit der Plaquebildung ist es wichtig, dass die Patienten ihr Sexualleben mit Erektionen und Koitus fortführen, falls dies nicht zu unangenehm ist. Männer mit erektiler Dysfunktion lassen sich zur Erleichterung der Erektion und zur Verlängerung ihrer Dauer wirksam mit einem PDE-5-Hemmer behandeln. Viele Patienten können sexuell aktiv bleiben, da die Penisdeviation nur leicht bis mäßig ausgeprägt ist und die Schmerzen im Penis u. U. rasch nachlassen. Bei Patienten, die weiterhin unter Schmerzen und einer starken Penisverkrümmung leiden oder deren PartnerInnen Unbehagen äußern, bedarf es u. U. einer Operation, um dem Patienten seine normale Sexualfunktion wiederzugeben.
Operative Therapie
Gelingt es nicht, die Peyronie-Krankheit medikamentös oder durch Ab – warten zu beheben und hat die Plaquebildung zu einem deutlichen Rückgang der Sexualfunktion geführt, kann die Operation eine Alternative zur Wiederherstellung der normalen Kohabitationsfähigkeit darstellen. Mit einer Operation sollte jedoch gewartet werden, bis sich die Erkrankung stabilisiert hat und die Deviation über mindestens 6 Monate hinweg nicht zugenommen hat.
Eine chirurgische Intervention vor einem Zeitraum von 18 Monaten nach Beginn der Erkrankung wird gewöhnlich nicht empfohlen, da deren Fortschreiten oder Erlöschen im Nachhinein die Ergebnisse einer operativen Prävention verändern kann. Eine Operation wird oft bei Patienten mit schwerem Krankheitsverlauf der Induratio penis plastica angesetzt, die durch andere, eher konservative Methoden nicht zu behandeln sind.
Indikationen für eine Operationen sind:
- ausgeprägte Penisdeviation, die beim Patienten oder dessen PartnerIn zu Beschwerden führt
- erektile Dysfunktion
- schwere, anhaltende Schmerzen
- «Sanduhr-Deformität»
Die operativen Verfahren lassen sich in drei Alternativen unterteilen.
1. Korporaplikatur oder Nesbit-Operation
Das erste, einfachste Verfahren – Korporaplikatur oder Nesbit-Operation genannt (Abb. 21) – wird durchgeführt, indem der Penis auf der der Deviation gegenüberliegenden Seite verkürzt wird, um deren Krümmungsgrad zu verringern. Dieses Verfahren mit der niedrigsten Morbidität eignet sich nicht für Patienten mit schwerer Deviation oder sehr kurzem Penis, da es zu einer gewissen Verkürzung des erigierten Penis führt. Die Patienten haben indessen auch weiterhin Erektionen, die Sensibilität des Penis wird durch die Operation nicht beeinträchtigt, und die Fähigkeit zur Ejakulation bleibt erhalten.
2. Horton-Devine-Verfahren
Eine direktere Methode zur Streckung des Penis besteht im Entfernen oder in der Inzision des Plaques selbst sowie im Strecken des Penis mit Ersatz des inzidierten oder exzidierten Gewebes aus dem verkrümmten Penisanteil durch ein Transplantat. Dieses oft auch als Horton-Devine-Verfahren (Abb. 22) bezeichnete Vorgehen erfordert in höherem Maße besonderes chirurgisches Geschick sowie mehr Erfahrung und ist ein längerer, komplexerer chirurgischer Eingriff. Bei beiden Verfahren wird gewöhnlich eine Inzision ähnlich der bei der Zirkumzision durchgeführt und die Haut des Penis bis zur Verkrümmung zurückgezogen (Sleeve-Technik).
Mittels einer Infusion mit isotonischer Kochsalzlösung in die Corpora cavernosa wird im Operationssaal eine Erektion erzeugt, die es dem Chirurgen erlaubt, Lokalisation und Schweregrad der Deviation zu bestimmen. Beim Horton-Devine-Verfahren werden die Nn. dorsales penis (Nn. pudendi) am Penisrücken abgelöst, angehoben und erhalten; an der Krümmung wird eine Inzision gesetzt, oder der Plaque selbst wird entfernt. Das eingefügte Transplantat kann aus einer V. saphena, Unterhautgewebe (Dermis), Gewebe aus der Innenauskleidung des Hodensacks (Tunica vaginalis) oder aus vorgefertigtem Material, wie dem Perikard Verstorbener oder Submukosa vom Schwein, bestehen.
All diese Transplantatalternativen liefern ein fl exibles, dehnbares Gewebe als Ersatz für den starren, vernarbten Peyronie-Plaque. Zwar gelingt mit diesen beiden Verfahren im Allgemeinen eine erfolgreiche Streckung des Penis bei erhaltener Erektionsfunktion, jedoch werden einige Patienten eine verminderte Sensibilität an der Penisspitze wahrnehmen, und bei einigen wird es zum erneuten Auftreten einer Verkrümmung, zur fortgesetzten Verkürzung des Penis oder zu Schwierigkeiten bei der Erektion kommen.
3. Implantat
Das dritte Verfahren wird nur bei Patienten mit ausgeprägter erektiler Dysfunktion und Deformität infolge der Induratio penis plastica durchgeführt. Bei Patienten mit ungenügender Erektion würde deren Sexualfunktion durch einfaches Strecken des Penis nicht wiederhergestellt. Infolgedessen kann das Implantieren einer Penisprothese den Penis strecken und eine für den Koitus ausreichende Steife bewirken. Diese Vorrichtungen – gewöhnlich von der Art hydraulischer Penisprothesen – machen es möglich,
dass der Penis für den Geschlechtsverkehr grade und rigide genug ist.
Nach dem Platzieren der Prothese kann der implantierende Chirurg eine Penismodellierung vornehmen, um die Streckung des Penis zu vervollständigen. Dabei wird intraoperativ das Narbengewebe des Peyronie-Plaques aufgebrochen, wodurch die Streckung des Penis verstärkt und das postoperative Endresultat verbessert wird. Neben den bereits erwähnten bestehen die Gefahren dieses Eingriffs in einer Infektion der Prothese, einer mechanischen Funktionsstörung oder einem Leck sowie im erneuten Auftreten einer Verkrümmung.
In einer Studie jüngeren Datums hatten Patienten mit Induratio penis plastica hohe Gesamtzufriedenheitsraten, und mehr als 80 % von ihnen meinten, sie würden sich zur Behandlung ihrer Peyronie-Krankheit erneut der Implantation einer Penisprothese unterziehen. Eine ähnliche Studie, bei der Patienten untersucht wurden, die sich einer Plaque-Inzision und Transplantation ohne Prothese unterzogen hatten, zeigte eine Zufriedenheitsrate von über 90 %.
Zusammenfassung
Die Induratio penis plastica (syn. Peyronie-Krankheit) ist eine seltene Erkrankung mit steigender Prävalenz. Zu ihren Symptomen gehören Penisdeviation und -verkürzung, Schmerzen und erektile Dysfunktion. Zu Anfang sollte die Erkrankung konservativ unter beobachtendem Abwarten oder medikamentös behandelt werden, wobei in hohem Maße eine Besserung oder ein Verschwinden zu erwarten sind.
Für Patienten mit fortgesetzten deviationsbedingten Erektionsstörungen oder ungenügenden Erektionen wurden operative Verfahren konzipiert und verfeinert, die bei hohen Zufriedenheitsraten der Patienten gewöhnlich erfolgreich sind.
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