Falsche Vorstellungen und Missverstandenes
- Die erektile Dysfunktion ist eine natürliche Folge des Alterns, und eine Behandlung ist bei älteren Männern nicht nötig.
- Eine erektile Dysfunktion bei jungen Männern ist gewöhnlich psychogen bedingt, und die Betroffenen sollten zur Beratung überwiesen werden.
- Eine Behandlung bei bestehender Herzkrankheit ist gefährlich.
- Sexuelle Betätigung bei bestehender Herzkrankheit ist gefährlich.
- Eine Mehrfachbehandlung mit Antihypertonika ist eine Kontraindikation für Sildenafil und andere Medikamente gegen erektile Dysfunktion.
- Männer mit ED sollten zur Untersuchung stets an einen Urologen überwiesen werden.
- Männer mit ED sollten stets an eine Sexualberatung verwiesen werden.
- Zur sexuellen Befriedigung ist Geschlechtsverkehr mit Penetration nicht immer nötig, und Männern mit erektiler Dyfunktion sollte geraten werden, nach Alternativen zu suchen.
- Männer unter Antikoagulanzien sollten zur ED-Behandlung keine Autoinjektion anwenden.
- Die Einnahme von Sildenafil ist nicht sicher für Männer mit folgenden Erkrankungen: koronare Herzkrankheit, Myokardinfarkt und Koronarbypass.
Gibt es eine Altersgrenze, jenseits derer eine Therapie gegen erektile Dysfunktion kontraindiziert ist?
Die erektile Dysfunktion tritt mit zunehmendem Alter immer häufiger auf und ist daher unter älteren Menschen besonders verbreitet. Auch die jeweiligen Partnerinnen sind meist in ähnlichem Alter. Sexuelle Aktivität und das Bedürfnis nach sexueller Befriedigung nehmen mit dem Alter ab, für nicht wenige Männer sind sie jedoch nach wie vor wichtig. Spezielle altersbedingte Kontraindikationen einer Behandlung gibt es nicht, zur Einschätzung ihrer Eignung bedarf es jedoch eines individuellen und sensiblen Herangehens. Dies beinhaltet die Beurteilung von Begleiterkrankungen und vor allem der mentalen und körperlichen Geschicklichkeit, um die Sicherheit zu gewährleisten. Eine Therapie kann sehr erfolgreich sein und − wie bei jüngeren Menschen − zu deutlichen Verbesserungen der Lebensqualität führen.
Wann sollte man zu einem Chirurgen?
Folgende Faktoren könnten als Gründe für eine Überweisung gelten:
- angeboren oder erworbene anatomische Anomalien
- schwere Fibrose der Corpora cavernosa, Postinjektionstherapie, Induratio penis plastica etc.
- Versagen anderer Therapieformen
- Präferenz des Patienten und fehlende Bereitschaft, andere Behandlungsformen auszuprobieren oder fortzuführen.
Wann sollte man zum Sexualtherapeuten?
Bei den meisten Männern mit erektiler Dysfunktion werden sich relevante Faktoren finden, die zu einem beschleunigten oder verstärkten Auftreten ihrer Störung führen. Ist die zu Grunde liegende Ursache vorwiegend physischer Natur, tut der Allgemeinarzt gut daran, eine körperliche Behandlung zu empfehlen, dabei jedoch gleichzeitig auch ganz allgemein die psychischen Aspekte zu erörtern.
Allgemeine Beratung als Begleittherapie der Behandlung einer «körperlich bedingten erektilen Dysfunktion» ist ebenso wichtig wie körperliche Behandlung zur Unterstützung einer Psychotherapie bei «psychogener erektiler Dysfunktion». Obwohl effektiv in der Wiederherstellung der Erektion, wirkt eine organische Therapie nicht bei Männern, deren erektile Dysfunktion psychische Ursachen hat, und folgende Personen sollten zur Behandlung an einen sexualtherapeutisch tätigen Spezialisten überwiesen werden:
- Männer, bei denen die Ursache einer ED vorwiegend psychogener Natur ist und denen eine allgemeine Beratung nicht hilft
- Männer mit komplexen psychischen Problemen allgemeiner Natur
- Männer und Paare mit Beziehungsproblemen
- Männer oder Paare mit komplexen ethischen bzw. juristischen Belangen
- Männer oder Paare, die eine solche Therapie bevorzugen.
Wie erkenne ich, ob eine erektile Dysfunktion organischer oder psychogener Natur ist?
Üblicherweise gelten folgende Faktoren als wichtig:
Eine organische Ursache wird angenommen, wenn:
● die ED nach und nach eingetreten ist
● die Erektion schwer gestört oder gar nicht mehr möglich ist
● die ED von Dauer ist und unabhängig von den Umständen auftritt
● keine erkennbaren psychischen Faktoren vorliegen
● eine organische Ursache auszumachen ist.
Eine psychische Ursache ist wahrscheinlich, wenn:
● die ED plötzlich und ohne erkennbares organisches Ereignis aufgetreten ist
● sie je nach den Umständen variiert
● offen erkennbare psychische Faktoren vorliegen
● trotz vollständiger Durchuntersuchung keine klare organische Ursache
vorliegt.
Mehrfachbehandlung mit Antihypertonika und PDE-5-Hemmer?
PDE-5-Hemmer sind bei Männern unter Antihypertonika nicht kontraindiziert. Zwar kann es unter PDE-5 Hemmern zu einem leichten Absinken des Blutdrucks kommen, klinisch ist dies jedoch nicht signifikant, und es kommt gewöhnlich nicht zu einem Synergismus. Lediglich Nitrate können in Kombination bei manchen Männern zu einem schweren Blutdruckabfall führen, der aber nur ein bis zwei Stunden anhält.
Ist die Behandlung bei bestehender Herzerkrankung gefährlich?
Vorausgesetzt, der Mann ist körperlich zu sexueller Aktivität in der Lage, ist trotz gleichzeitiger Herzerkrankung keine der Behandlungsformen gefährlich. Physiologisch ist sexuelle Aktivität gewöhnlich nicht belastender als andere normale Alltagsaktivitäten. Es ist jedoch wichtig, bei allen mit erektiler Dysfunktion in die Sprechstunde kommenden Männern die Belastungstoleranz zu untersuchen, um den Schweregrad einer zu Grunde liegenden Gefäßerkankung beurteilen zu können.
Männer mit eingeschränkter Belastungstoleranz sollten in jedem Fall durch einen Kardiologen oder einen anderen Gefäßspezialisten untersucht werden, um die Behandlung der koronaren Grunderkrankung oder eines anderen arteriellen Gefäßleidens zu optimieren. Ist er körperlich zu sexueller Aktivität in der Lage, kann ein Mann sich unbesorgt jeder der gegenwärtig verfügbaren Therapien unterziehen, vorausgesetzt, er nimmt keine Nitrate ein. In einem solchen Fall sind PDE-5-Hemmer kontraindiziert.
Wie ist das bei Männern unter Antikoagulation?
Bei Formen der oralen Therapie einer erektilen Dysfunktion gibt es kein bedeutsames Problem. Bei einer intraurethralen Therapie ist Vorsicht geboten, da sie zu Blutungen aus der Harnröhre führen kann. Eine Injektionsbehandlung kann zu Blutergüssen führen, ist jedoch sicher, vorausgesetzt, man geht sorgfältig vor, und es wird nach der Injektion Druck auf die Injektionsstelle ausgeübt. Vakuum-Erektionshilfen sind der Gefahr eines Hämatoms wegen relativ kontraindiziert. Sehr vorsichtig eingesetzt können sie jedoch von Nutzen sein.
Lohnt sich die Umstellung auf ein anderes Antihypertonikum?
Diese Frage wird oft gestellt, und viele Männer machen ihre Antihypertonika für die erektile Dysfunktion verantwortlich. Ganz gleich, ob eine Hypertonie behandelt wird oder nicht: Eine ED kommt dabei immer häufig vor. Zunehmend geht eine schwere erektile Dysfunktion mit zunehmend schwerer Hypertonie einher, und je schwerer letztere, desto mehr Antihypertonika sind nötig. Natürlich besteht dann auch ein Zusammenhang zwischen erektiler Dysfunktion und einer Behandlung mit Antihypertonika.
Die Erfahrung spricht dafür, dass sich eine Umstellung der Antihypertonikatherapie kaum lohnt, sofern sich der Mann nicht eines unmittelbaren zeitlichen Zuammenhangs mit einem bestimmten Wirkstoff sicher ist. Betablocker und Diuretika sind möglicherweise am stärksten, Vasodilatatoren und Angiotensin-2-Antagonisten am schwächsten beteiligt. Dies sollte zu Beginn einer Therapie mit Antihypertonika beachtet und der Patient gefragt werden, ob er Erektionsprobleme hat. Diese sollten dann überwacht und erläutert werden, wenn es infolge der Hypertonie zur Umstellung der Medikation kommt.
Wie steht es um periphere Gefäßerkrankungen und erektile Dysfunktion? Hier gibt es einen wichtigen Zusammenhang. Männer mit bekannter peripherer Gefäßerkrankung haben eine hohe ED-Prävalenz. Ebenso findet sich bei Männern mit erektiler Dysfunktion eine signifikante Inzidenz für verborgene periphere, u. U. schwere Gefäßerkrankungen. Wichtig ist, den Mann nach Gefäßspasmen (Claudicatio) zu fragen, und wenn dies bejaht wird, ob sie sich speziell proximal befinden. Hier sollte mittels Ultraschall untersucht werden. Dies ist nicht nur wichtig, um Männer mit schwerer Erkrankung der proximalen großen Gefäße herauszufinden, sondern auch, weil sich eine erektile Dysfunktion durch Korrektur solcher Gefäßanomalien gelegentlich beheben lässt.
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