Erektile Dysfunktion

Intrakavernöse Injektionstherapie

Intrakavernöse Injektionstherapie

Die intrakavernöse Behandlung der erektilen Dysfunktion mit vasoaktiven Substanzen begann 1982, nachdem Virag in Frankreich und Brindley in Großbritannien ihre Wirksamkeit entdeckt hatten. Bis zur Einführung von Sildenafil war sie bei den meisten Männern die Therapie der ersten Wahl (Abb. 11). Die am häufigsten verwandte Substanz war ursprünglich Papaverin, das bei Unwirksamkeit mit Phentolamin kombiniert wurde. Es war kostengünstig und effektiv, wurde jedoch in Großbritannien nie zugelassen, weil man davon ausging, es sei – in exzessiven Dosen – von einer relativ hohen Inzidenz für Penisfi brose und Priapismus begleitet. Inzwischen ist Prostaglandin E1 (Alprostadil) der meistverwandte Wirkstoff; seine Kosten, die kürzere Halbwertszeit und die bei einigen Männern unangenehme Erektion haben jedoch dafür gesorgt, dass manche Patienten in Europa und den USA auch weiterhin auf die Kombination aus Papaverin und Phentolamin zurückgreifen.

Intrakavernöse Injektionstherapie

Abbildung 11: Intrakavernöse Injektionstherapie

Für Patienten, bei denen die Kombination von zwei Substanzen keine zufrieden stellende Erektionsfunktion bewirkt, kann eine als Trimix bekannte Therapie die Rettung bedeuten. Diese Kombination aus Papaverin, Phentolamin und PGE1 ermöglicht es, die Einzelsubstanzen jeweils niedriger zu dosieren, wodurch die Sicherheit steigt und die Morbidität sinkt. Die pharmakologische Funktion von Papaverin ist das Ergebnis steigender intrazellulärer cAMP-Konzentrationen mit nachfolgender Abnahme der Kalziumkonzentration und Entspannung der glatten Muskulatur aller Gefäße des Penis. Phentolamin wirkt als nichtselektiver Alphablocker, indem es die Kontraktion der glatten Muskulatur hemmt. PGE1, ein Prostanoid, bewirkt eine Relaxation der glatten Muskulatur sowohl im Corpus cavernosum als auch in den Arteriolen der Corpora cavernosa, und zwar auf dem cAMP-Stoffwechselweg durch Senkung der intrazellulären Kalziumkonzentration.

Erfolgsquote

Zu befriedigenden Erektionen durch Injektion von PGE1 im Dosisbereich von 5 bis 40 μg kommt es in mehr als 70 % der Fälle, wobei prolongierte Erektionen in 1 % und eine Fibrose der Corpora cavernosa in nur 2,7 % der Fälle auftreten. International sind auch andere Kombinationen injizierbarer Wirkstoffe erhältlich. In mehreren europäischen Ländern wurde eine Kombination aus Phentolamin und VIP (Invicorp, Senetec) zugelassen, die dem PGE1 äquivalente Reaktionen, jedoch ohne Penisschmerzen zeigt. Auch Moxisylyt, ein selektiver Alpha1-Blocker, wurde in mehreren europäischen Ländern zugelassen. Dieser Wirkstoff, der die glatte Muskulatur in phentolamin-ähnlicher Weise relaxiert, hat bei Dosen von 10 bis 30 mg dokumentierte Erfolgsraten von 70 %. Zu den Nebenwirkungen gehören prolongierte Erektionen (1 %) und Fibrose der Corpora cavernosa (1,5 %).

CAVERJECT® Zweikammerzylinderampulle. Gebrauchsanleitung.

  1. Nehmen Sie eine Zweikammerzylinderampulle und eine Nadel aus der Packung. Setzen Sie die Nadel auf die Spitze der Injektionsvorrichtung, und drehen Sie sie im Uhrzeigersinn fest. Ziehen Sie die Schutzhülle von der Nadel.
  2. Halten Sie die Injektionsvorrichtung mit der Nadel nach oben. Der weiße Kolben ist ausgefahren.
  3. Drehen Sie den Kolben im Uhrzeigersinn bis zum Anschlag. Dies mischt Pulver und Lösungsmittel. Schütteln Sie die Zweikammerzylinderampulle vorsichtig, um sicherzugehen, dass die Lösung gleichmäßig gemischt ist. Nicht verwenden, wenn sie trüb ist oder Partikelchen enthält.
  4. Halten Sie die Zweikammerzylinderampulle mit der Nadel nach oben. Entfernen Sie sorgfältig die verbliebene Schutzkappe von der Nadel.
  5. Schnipsen Sie mit dem Finger gegen das Behältnis, um große Blasen zu entfernen, und drücken Sie dann den Kolben bei aufrecht gehaltener Zweikammerzylinderampulle so weit wie möglich hinein. An der Nadelspitze erscheinen ein paar Tropfen. Kleinste Bläschen am Glaskörper der Spritze sind normal, und Sie können sie ignorieren.
  6. Drehen Sie den Kolben langsam im Uhrzeigersinn, um Ihre Dosis zu wählen, die Ihnen Ihr Arzt genannt haben wird. Die im Fenster erscheinende Ziffer zeigt die Injektionsdosis. Wenn Sie einen Fehler machen, drehen Sie den Kolben im Uhrzeigersinn weiter, bis Sie die korrekte Dosis erreichen.
  7. Halten Sie den Penis wie gezeigt zwischen Daumen und Zeigefinger, und drücken Sie ihn leicht zusammen. Dann tritt die Injektionsstelle hervor. Stellen Sie sicher, dass die Vorhaut gedehnt ist.
  8. Stoßen Sie die Nadel ganz in den hervortretenden Teil, und sorgen Sie dafür, dass die Nadel im richtigen Winkel von 90 Grad zum Penis gehalten wird und sichtbare Blutgefäße gemieden werden.
  9. Drücken Sie fest auf den Kolben, damit Ihre Dosis injiziert wird. Drücken Sie sanft auf die Einstichstelle, und massieren Sie den Penis, um dem Alprostadil die Ausbreitung zu erleichtern. Entsorgen Sie Injektionsvorrichtung und Nadel, wie vom Arzt empfohlen.
  10. Sie können Ihre Injektion bis zu 24 Stunden im Voraus vorbereiten, vorausgesetzt, sie wird bei Raumtemperatur gelagert.
zweikammerzylinderampulle

Abb. 12: Schritt 8 der Gebrauchsanleitung zur Zweikammerzylinderampulle

Vergleiche zwischen Moxisylyt und PGE1

Vergleiche zwischen Moxisylyt und PGE1 zeigen eine stärkere Rigidität des Penis und höhere Erfolgsquoten unter PGE1, aber weniger Penisschmerzen und Beschwerden unter Moxisylyt. Die verstärkten Einblicke in die Physiologie der glatten Muskulatur und die relaxierenden Wirkstoffe haben zur Entwicklung von KATP-Kanal-Öffnern geführt. Diese neuartigen, intrakavernös zu injizierenden Substanzen werden zurzeit in ersten klinischen Studien erprobt und erzielen ausgezeichnete, vorhersagbare Erektionen ohne Penisschmerzen. Neuere klinische Studien haben den Nutzen der Injektionstherapie im Bereich oraler Behandlungsformen bestätigt. Shabsigh et al. zeigten, dass Alprostadil wirksam ist, gut vertragen wird und als Ausweichmöglichkeit bei Männern, die schlecht auf Sildenafil angesprochen hatten, zu hohen Zufriedenheitsquotenführt.

Mydlo et al. berichteten über den erfolgreichen Einsatz einer Kombination aus Sildenafil und Alprostadil bei Männern, die auf die Monosubstanzen jeweils nur unzureichend reagiert hatten. Zwar wurden Männer über Jahre hinweg mittels intrakavernöser Injektionstherapie behandelt, jedoch gibt es bei dieser Art der Behandlung einige Komplikationen und kritische Punkte. Die Erstbehandlung und Schulung des Patienten sollte unter kontrollierten Bedingungen in der Praxis des niedergelassenen Arztes stattfinden. Die Patienten sollten schriftliches Informationsmaterial über die Technik der Injektion und mögliche Nebenwirkungen erhalten, das sie mit nach Hause nehmen können. Zunächst sollte eine initiale Erhaltungsdosis versucht und der Patient für 30 bis 60 Minuten beobachtet werden, um sicherzugehen, dass es nicht zu einer prolongierten Erektion kommt.

Dauererektion (Prolongierte Erektionen)

Prolongierte Erektionen, definiert als Erektionen von mehr als 4 Stunden Dauer, sollten durch Aspiration aus den Corpora cavernosa mit anschließender Injektion eines Alphamimetikums, wie verdünntem Phenylephrin, behandelt werden. Patienten unter Dauerinjektionstherapie sollten alle 6 bis 12 Monate auf eine Fibrose der Corpora cavernosa untersucht werden. Diese ist zwar selten, erfordert jedoch u. U. die Umstellung auf einen anderen Wirkstoff, entzündungshemmende Medikamente oder das Absetzen der Injektionstherapie. Insgesamt betrachtet ist diese Technik einfach und relativ schmerzlos anwendbar, effektiv und sicher. Sie muss dem Mann sorgfältig beigebracht werden. In Deutschland finden sich u. a. die Produkte CAVERJECT® und VIRIDAL® und, wobei sich das CAVERJECT® Doppelkammersystem gegenwärtig am leichtesten anwenden lässt (Abb. 12).

Vorsichtsmaßnahmen

Eine Injektionstherapie ist bei den meisten Männern möglich, auch wenn unter bestimmten Umständen Vorsicht walten sollte (Tab. 24). Zum praktischen Vorgehen: Bei der intrakavernösen Inktionstherapie wird eine kleine Menge (< 1 ml) der vasoaktiven Substanz in eines der Corpora cavernosa injiziert. Betroffene Männer sollten sorgfältig in der Anwendung dieser Therapieform unterwiesen werden, um sicherzugehen, dass sie darin geübt und sicher sind und darauf vertrauen. Die Beratung sollte durch schriftliche und bildliche Instruktionen untermauert werden. Die Vorhaut sollte zurückgezogen und der Penis gestreckt werden, in – dem die Glans penis mit einer Hand hochgezogen und dabei auch gleich geschützt wird. Die Injektion wird dann von der Seite in die Spitze des Penisschaftes gesetzt, wobei jegliche sichtbaren Venen vermieden werden sollten. Sorgfältig sollten auch die Glans penis und die V. dorsalis profunda penis sowie ventral die Urethra gemieden werden. Nach etwa 10 Minuten sollte eine Erektion eintreten und für mehrere Stunden anhalten. Exzessive Dosen können eine prolongierte Erektion bewirken und zum Priapismus führen.

Es ist von entscheidender Bedeutung, dem Mann dies und die in einem solchen Fall zu ergreifenden Maßnahmen zu erläutern. Eine länger als 4 Stunden anhaltende Erektion bedarf u. U. der medikamentösen oder operativen Detumeszenz, und dem Patienten sollte gesagt werden, sich in einem solchen Fall in die Notaufnahme einer Klinik zu begeben. Hilfreich ist, wenn der Betroffene dann die Instruktionen für das Notfallteam gleich bei sich trägt, für den Fall, dass dieses mit dem Problem nicht vertraut ist (Tab. 25).

Kontraindikationen und Warnhinweise

Kontraindikationen und Warnhinweise zur intrakavernösen Autoinjektionstherapie bei erektiler Dysfunktion:

  • Hämoglobinopathie oder Blutung
  • schwere Induratio penis plastica
  • schlechte manuelle Geschicklichkeit
  • unzureichende Sehschärfe
  • großes Abdomen und kleiner Penis, die eine sichere Technik einschränken
  • Nadelphobie oder Neigung zu Synkopen
  • schwere psychische Erkrankung
  • Wahrscheinlichkeit des Missbrauchs

Empfehlungen zur Behandlung bei prolongierter Erektion

Erektion 2 bis 4 h nach der Injektion noch vorhanden

  • Versuch lokaler Eispackungen
  • Versuch von Beinübungen – laufen, Rad fahren

Erektion > 6 h nach der Injektion noch vorhanden

  • Für folgendes Vorgehen ist die notfallmäßige stationäre Aufnahme obligat:
  • Einstechen einer 25G Butterfly-Nadel in ein Corpus cavernosum
  • Aspirieren von 50 ml Blut und Druck für 5 min
    bei Versagen Aspirieren weiterer 50 ml, Spülen mit heparinisierter isotonischer
  • Kochsalzlösung und Druck
  • bei Versagen Injizieren von 200 μg Phenylephrin, bei Bedarf wiederholen
  • Bei Versagen aller Maßnahmen wird eine Operation erforderlich.

Zu den Nebenwirkungen einer intrakavernösen Injektionstherapie gehören:

  • Bluterguss
  • schmerzhafte Erektion
  • Narbenbildung am Penis
  • Infektion (sehr selten)
  • prolongierte Erektion bei exzessiven Dosen.

Die Dosierung sollte eher vom Mann selbst in seiner normalen häuslichen Umgebung als in einer Ambulanz oder chirurgischen Station bestimmt werden. Er sollte schriftlich die Instruktion erhalten, mit einer niedrigen Dosis zu beginnen und diese bei jeweils getrennten Gelegenheiten schrittweise zu erhöhen, bis die niedrigste noch wirksame Dosis gefunden ist. Für schriftliche Anleitungen zur schrittweisen Dosiserhöhung sollte gesorgt sein (Tab. 26). Die intrakavernöse Injektionstherapie ist auch weiterhin eine wichtige und wirksame Behandlungsoption, inzwischen jedoch gegenüber oralen Behandlungsformen gewöhnlich zur Therapie zweiter Wahl geworden.

Dosierungen bei intrakavernöser Injektion

Tabelle 26: Empfohlene Dosierungen bei intrakavernöser Injektion vasoaktiver Substanzen.

Kombinationen sollten mit jeweils minimalen Dosen beginnen und ähnlich wie in der Tabelle dargestellt erhöht werden. Auch Phentolamin und VIP können in den Kombinationen enthalten sein.

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